Die Produktion von Orientteppichen - EUCA European Carpet-Importers Association e.V.

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Die Produktion von Orientteppichen

Wissenswertes
 

Knüpfen als Kunst und Handwerk.

Prinzipiell ist die manuelle Herstellung eines Orientteppichs stets dieselbe. Allerdings unterscheidet sich die Arbeitsweise je nach Herstellungsland, Region und Knüpfer. So entstehen dann die unterschiedlichen Merkmale, die zu den verschiedenen Orient-Teppicharten führen. Daher nun zuerst ein Blick auf die Knüpfer und Ihre Arbeitsweisen.

Den Knüpfstuhl immer mit dabei: die Nomaden.

Nomaden sind wandernde Hirtenvölker und Viehzüchter, die in dünn besiedelten Gegenden Asiens und Nordafrikas in Großfamilien zu immer neuen Weideplätzen ziehen, um ihre Herden so immer ernähren zu können. Während die Männer sich um die Viehzucht kümmern und so oft genug den Rohstoff Wolle beisteuern, knüpfen zumeist die Frauen, um so etwas zum Lebensunterhalt der Familie beizusteuern. Die größten teppichknüpfenden Nomadenstämme sind:

  • Die Afsharen, Bachtiari, Beloutchen, Ghashgari, Kurden Luren und Turkmenen in Persien,

  • die Beloutchen und Turkmenen in Afghanistan und die

  • Kurden und Bergnomaden in Anatolien.

Aufgrund der Notwendigkeit, den Knüpfstuhl bei jeder anstehenden Wanderung wieder abbauen zu müssen, arbeiten sie mit der technisch einfachsten Knüpfstuhlvariante - meist ein liegender Stuhl ohne Seitenbalken. Statt ihrer werden die Querhölzer, über die die Kettfäden gezogen sind, auf in die Erde getriebene Blöcke horizontal fixiert. So wird die Kette auf sehr einfache Art gehalten. Die Knüpfwollknäuel hängen an einem aus Holzpfählen zusammengebauten Dreibein, an denen unten die Vorrichtung zur Fachbildung (Anheben der geraden bzw. ungeraden Kettfäden zum Eintrag des Schußfadens). Zu Beginn des Knüpfvorgangs sitzt die Knüpferin vor dem Knüpfstuhl, später dann auf einem Brett, das auf großen Steinen über den Knüpfstuhl gelegt wird.
Diese Arbeitsweise hat zur Folge, dass Nomadenteppiche in Ihrem Format immer begrenzt sind und durch die vielen Unterbrechungen in der Fertigung nicht gerade zu den feinsten und exaktesten Teppichen zählen.
Aber gerade diese authentische Ursprünglichkeit ist es, die diese Dessins so beliebt machen. Eine Ausnahme hiervon bilden die feinen Arbeiten der Turkmenen, die sehr exakt gearbeitet sein können.

Die Knüpfkunst im eigenen Haus: Bauern und Heimarbeiter.

Besonders in Persien und Anatolien entstehen Orientteppiche in Heimarbeit. Hauptgrund hierfür sind die besseren Preise, die mit zu Teppichen verarbeiteter Schafswolle gegenüber dem Verkauf als Rohwolle erzielt werden. Demzufolge wird dem Teppichknüpfen als Gelderwerb in den betreffenden Gegenden ein entsprechend hoher Stellenwert eingeräumt. Es kann in schlechten Erntejahren mehr einbringen als die bäuerliche Hauptbeschäftigung.

Werkstätten als Geburtsort des Orientteppichs: Manufakturteppiche.

Manufakturen sind kaufmännisch durchorganisierte Fertigungsstätten, in denen unter der Kontrolle von Knüpfmeistern an mehreren Knüpfstühlen gleichzeitig Teppiche nach Mustervorgaben (so genannten Patronen) handgefertigt werden. Die Knüpfstühle dieser Werkstätten sind schwer und stabil, so dass neben großen Formaten auch ein hohes Maß an Exaktheit gewährleistet ist. Die stählernen Stühle ermöglichen ein äußerst straffes Spannen der Kette. Durch den beweglichen Kett- und Warenbaum wird das Aufrollen des Teppichs während des Fertigungsprozesses ebenfalls sehr genau vorgenommen. Im Vergleich zu den vorher genannten Fertigungsarten wird der Manufakturteppich feiner und genauer geknüpft. Bereits in den ersten Hofmanufakturen des 16. Und 17. Jh. entstanden so hervorragende Teppiche, die diese Epoche zur Glanzzeit des Orienttepichs machten.
Auch heute noch werden in den Manufakturen von Hereke in der Türkei, Isfahan, Nain, Ghom und Täbriz feinste Dessins geknüpft, die die bis zu 1 Mio. Knoten pro Quadratmeter und mehr aufweisen.

Vom Knoten ...
Der Orienttpeich wird durch eine Kombination von Weben und Knüpfen gefertigt. Die Knüpffäden werden dabei in ein sich erst während des Knüpfens bildendes Grundgewebe aus Kette und Schuß eingeknüpft. Gleichmäßig geschnittene, bürstenähnlich hervorstehende Knüpffadenenden bilden so den Flor.
Es dominieren dabei zwei Arten von Knoten: Der persische Senneh- und der türkische Ghirodesknoten. Beide werden nicht nur in ihren Herkunftsländern, sondern auch im Kaukasus, China und Nordafrika geknüpft.

 
 

An der schematischen Darstellung erkennt man die wichtigsten Unterschiede. Beide werden um zwei benachbarte Kettfäden geschlungen, aber während beim Ghiordes (Türkischer)-Knoten beide Enden zwischen den Kettfäden nach vorn gezogen werden, wird beim Senneh (Persicher)-Knoten ein Fadenende zwischen und das zweite neben den Kettfäden nach vorn gezogen. Die leichte Schrägneigung wird als "Strich" bezeichnet. Er entsteht dadurch, daß der Knüpfer die Fadenenden unter dem Knotenkragen nach vorn zieht. So bekommt jedes Florbüschel die schräge Neigung nach unten.

 
 

Es läßt sich leicht feststellen, welche Knotenart bei welchem Teppich vorliegt - der Teppich darf dabei nur nicht zu eng geknüpft sein. Der Teppich wird dabei in Schußrichtung rückwärts aufgebogen. Beim türkischen Knoten sieht man so einen breiten Knotenhals, aus dem zwei Florenden unmittelbar nebeneinanderliegend hervorragen. Beim persischen Knoten sieht man hingegen einen kleinen, runden Knotenhals, aus dem nur ein Florfaden hervorragt. Der zweite Faden - getrennt durch den dazwischenliegenden Kettfaden - kommt rechts oder links daneben unmittelbar aus dem Kette-Schuß-Gefüge hervor.

... und vom Knüpfen.

Nachdem durch das Eintragen von Schüssen quer zwischen den gespannten Kettfäden hindurch ein Webstreifen (auch "Kelim" genannt) angefertigt wurde, wird mit der ersten Knotenreihe begonnen: Mit einem Knüpfmesser ("Tich") wir von dem über dem Knüpfer hängenden Knäueln ein etwa 50 cm langes Stück Fadenstück abgeschnitten. Der Faden wird dann um zwei benachbarte Kettfäden geschlungen, so daß das rechte Fadenende etwas hervorschaut. Die Schlinge wird dann straff nach unten gezogen und während des Hinunterziehens auf Höhe des rechten Fadenendes abgeschnitten. So wird mit jedem Kettenpaar verfahren, wobei es für den Ghiordesknoten in bestimmten Gebieten ein Spezialmesser gibt. An seiner Spitze mit einem Haken versehen, kann man mit ihm den rechten Kettfaden ergreifen und die rechte Hälfte des Knotens ziehen ("Täbriz-Knüpfhaken").
Nach jeder Reihe von Knoten werden einer oder mehrere Schußfäden eingetragen. Soweit diese Schußfäden locker um die einzelnen Kettfäden herumgeführt werden, spricht man von einer sogenannten "flachen" Kette. Wird allerdings einer der einzuführenden Schußfäden sehr straff durch die Kette gezogen und so die einzelnen, geraden und ungeraden Kettfäden nach oben und unten gepreßt, ergibt sich so die sogenannte "geschichtete" Kette. Mit einem Kamm aus Holz oder Eisen schlägt man dann den Schuß samt Knotenreihe fest nach unten und schneidet gewöhnlich gleich mit einer großen Schere die Fadenenden der Knotenreihe auf die gewünschte Höhe zu.
Dann wird mit der nächsten Knotenreihe begonnen. Nach ihr folgt dann wieder der Schuß, bis der Orientteppich an der Oberkante mit einer Webborte ("Kelim") abgeschlossen wird. Kleine Teppiche, Brücken, Läufer u.v. werden von einem Knüpfer gefertigt, während große Stücke von mehreren gefertigt werden.
Nachdem der Teppich fertiggestellt wurde, werden eventuelle Unebenheiten in der Schur korrigiert - eine Arbeit, die in Manufakturen meist ein Schermeister übernimmt. Anschließend werden alle für den Export vorgesehenen Stücke einer Wäsche unterzogen. Ein versierter Knüpfer erreicht bei Wolle eine Knüpfleistung von 10.000 Knoten (bei Seide: ca. 7.000 Knoten) pro Stunde. Geschwindigkeit und Sicherheit bei dieser Arbeit sind für den Nichtorientalen rätselhaft und faszinierend zugleich. Eine große Rolle spielt dabei neben oftmals jahrelanger Routine die stets gleiche Knotenform, die angewandt wird.
Wichtiges Indiz für die Qualität eines Orientteppichs sind Knotendichte und -zahl. Sie spielen sowohl im Herstellerland als auch beim europäischen Teppichkäufer eine große Rolle bei der Qualitätsbeurteilung. Beim Knüpfvorgang wird die Knotenzahl vorbestimmt. Man kann durch die Art der Kettfädenspannung, der Garnstärke und der Schußfadenführung recht genau definieren, welche Knotenzahl ein Teppich pro Quadratdezimeter/Quadratmeter später aufweist. Bei flachen, nicht kettgeschichteten Teppichen weicht die Anzahl der Knoten in Höhe und Breite nicht stark voneinander ab. Anders ist es, wenn zwischen den Knüpfreihen mehrere dickere Schußfäden liegen, denn dann ist die Zahl der senkrechten Knoten geringer als die der waagerechten. Auch bei der Schichtung der Kettfäden ändert sich das Verhältnis; die waagerechte Knotenzahl vergrößert sich in diesem Fall.
Die Knüpfdichte hängt in entscheidendem Maße auch von der Stärke der verwendeten Fäden ab. Ein Teppich aus dicken Garnfäden erlaubt nur eine geringere Anzahl gröberer Knoten. Ein Isfahan oder ein Nain aus feinstem Garn oder Seide hingegen weist immer eine gößere Anzahl an Knoten auf. Die Feinheit von Orientteppichen wird im Teppichhandel nach folgender Tabelle definiert:

Sehr grob geknüpft 15´000 - 25´000 Knoten/qm
Grob geknüpft 25´000 - 60´000 Knoten/qm
Mittelfein geknüpft 60´000 - 120´000 Knoten/qm
Fein geknüpft 120´000 - 200´000 Knoten/qm
Sehr fein geknüpft 200´000 - 400´000 Knoten/qm
Selten fein geknüpft über 400´000 Knoten/qm


 
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